Brand und Rede
Workshop
mit
Marina Miller Dessau & Arne Vogelgesang
Politische Rede will zum Handeln bewegen. Sie mobilisiert Urteile, Haltungen, Emotionen. In ihrer radikalen Form entfacht sie in den Körpern ihrer Adressat*innen das Feuer zum Kampf – sie stiftet an. Was sind die Bedingungen dieser Anstiftung, ihres Gelingens oder Scheiterns, und lassen sie sich nicht nur theoretisch, sondern auch performativ analysieren? Was können uns das Vokabular des Theaters und das Mittel der Nachahmung darüber sagen, wie politische Rede handelt? Welche Situation setzt sie voraus, und welche will sie erzeugen? Wie bewegt sie die Körper und Affekte der sie Führenden und der ihr Folgenden?
Im ersten Workshop innerhalb der Forschungs- und Veranstaltungsreihe REIHEN WEISE FREMD | STRANGE IN SERIES werden diese Fragen praktisch an Formen politischer Rede der Gegenwart bearbeitet. Prägnante Beispiele radikal rechter Anstiftungen finden sich nicht nur in öffentlichen Reden auf Kundgebungen und Demonstrationen, Brandreden im Bundestag oder auf Parteiversammlungen, sondern auch in ihrer digital privatisierten Form als Ansprachen in sozialen Netzwerken. Auf dieses Material wird die Methode des Live-Reenactments angewendet, des körperlich-sprachlichen Nachvollzugs von Videodokumenten ‚in Echtzeit‘.
Bei solch technisch angebundenem Wiederholen der ursprünglichen Rede anderer Menschen ergeben sich Reibungen und Differenzen zwischen fremdem Material, eigenem Selbstverständnis sowie den jeweiligen Kontexten, die eine unmittelbare und nuancierte Form der praktischen Untersuchung ermöglichen – weit über die bloße Betrachtung dokumentarischen Materials hinaus. Nach einer Einführung in die Reenactment-Methode soll in kleineren Gruppen an unterschiedlichen Beispielen und Fragestellungen gearbeitet und die Möglichkeiten und Grenzen dieser performativen Untersuchungsform diskutiert werden.
Die Materialsprache wird vorwiegend deutsch sein, die Arbeitssprache deutsch/englisch nach Bedarf.
Um Anmeldung wird ab sofort gebeten über darian@uni-leipzig.de, da die Anzahl der Teilnehmenden begrenzt ist. Der Eintritt ist frei.
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GUESTS | Marina Miller Dessau studierte Schauspiel am Mozarteum in Salzburg. Sie beobachtet stark oszillierendes Verhalten von Menschen im Netz, sucht nach körperlichen Übersetzungen fürs Theater und beschäftigt sich mit Hochtechnologie für den performativen Körper. Arne Vogelgesang studierte Regie am Max-Reinhardt-Seminar in Wien, bastelt mit Internet- & Software-Material und hält Vorträge / gibt Workshops zu radikaler Propaganda. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen machen Arne und Marina als internil recherchebasiertes Performancetheater. Ihre Arbeiten waren eingeladen zum Impulse Theaterfestival und den Schillertagen, erhielten den Bremer Autoren- und Produzentenpreis und wurden im Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes gefördert. Im kommenden Jahr werden sie u.a. für das Staatstheater Darmstadt tätig sein.
Mehr: marinadessau.com / vogelgesang.internil.net / internil.net
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25.10.2019
11-17 Uhr
Institut für Theaterwissenschaft | Ritterstraße 16 | 04109 Leipzig